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Wie teuer wird meine Scheidung?

Rechtsgebiet:
Familenrecht
Autor:
Chrysanthi Fouloglidou
Veröffentlicht:
22.5.2023

Antworten auf grundlegende finanzielle Fragen

Was wird mich meine Scheidung kosten?

Das ist eine Frage, die mir bereits in der telefonischen Terminvergabe für eine Erstberatung gestellt wird. Eine Frage, die ich nur dann sicher beantworten könnte, wenn ich eine Glaskugel hätte, welche die Zukunft voraussagen könnte. Es gibt jedoch Ansatzpunkte, anhand derer bereits bei der Erstberatung zumindest ungefähr prognostiziert werden kann, welche Kosten bei einer Ehescheidung entstehen könnten.

Was ist der Verfahrenswert einer Scheidung?

Die Kosten einer Scheidung hängen von dem sogenannten Verfahrenswert ab. Dieser ist der Wert, der den Kosten zugrunde gelegt wird. Er wird durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst, beispielhaft das Einkommen und das Vermögen der Eheleute. Der Verfahrenswert ist nicht gleichzusetzen mit den Kosten der Ehescheidung. In einem ersten Beratungsgespräch kann ich ungefähr berechnen, wie hoch die Kosten der Scheidung ausfallen werden, wenn es bei der Ehescheidung und dem Versorgungsausgleich bleibt und die Mandantschaft einige weitere Angaben machen kann. Folgendes Rechenbeispiel soll verdeutlichen, wie diese Berechnung erfolgt:

Ein Ehepaar will sich scheiden. Die Ehefrau erzielt ein Nettoeinkommen von 3.500,00 Euro, der Ehemann ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.000,00 €. Der Versorgungsausgleich wird aufgrund kurzer Ehedauer nicht vorgenommen. Die Eheleute haben zudem kein nennenswertes Vermögen. Somit errechnet sich der Verfahrenswert wie folgt:

Einkommen Ehefrau: 3.500,00 Euro
Einkommen Ehemann: 2.000,00 Euro

Summe: 5.500,00 Euro

5.500,00 X 3 = 16.500,00 Euro
Versorgungsausgleich: 1.000,00 Euro

17.500,00 Euro

Addiert werden zunächst die Einkommen der Eheleute. Die errechnete Summe wird mit drei multipliziert, sodass im obigen Beispiel zunächst die Zahl 16.500,00 Euro entsteht. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs wird mit 1.000,00 € bewertet, sodass im hiesigen Beispiel von einem vorläufigen Verfahrenswert in Höhe von 17.500,00 Euro ausgegangen werden kann. Für den Fall, dass beide Eheleute jeweils anwaltlich vertreten werden, entstehen Anwaltsgebühren auf beiden Seiten jeweils in Höhe von ca. 2.320,00 Euro.

Wie setzen sich die Kosten einer Scheidung zusammen?

Die Kosten für die Anwältin setzen sich in einem gerichtlichen Verfahren aus einer Verfahrens- und einer Terminsgebühr zusammen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf Grundlage des Verfahrenswertes in Höhe von 17.500,00 Euro in meinem Beispiel auf ca. 1.000,00 Euro. Wichtig: die Gerichtskosten werden von den Parteien hälftig getragen.  Das bedeutet: die Verfahrenskosten in meinem Beispiel betragen insgesamt ca. 5.640,00 Euro (die Anwaltskosten beider Parteien sind in dem Betrag zusammengerechnet!). Übrigens: es gibt auch einen Mindestverfahrenswert, der bei 4.000,00 Euro liegt. Die Scheidung kostet auf Grundlage des Verfahrens in einem solchen Fall knapp 1.000,00 Euro.

Der Gerichtskostenvorschuss

Weil es so wichtig ist: der Verfahrenswert, hier die 17.500,00 Euro sind nicht die Kosten, die von den Parteien zu tragen sind. Der Verfahrenswert ist der Wert, anhand dessen alle Kosten, also die des Rechtsbeistands und die Gerichtskosten bemessen werden. Im Scheidungsantrag wird dieser vorläufige Verfahrenswert bereits angegeben. Grund hierfür ist, dass dem Gericht ein Wert vorgelegt wird, anhand dieser der sogenannte Gerichtskostenvorschuss berechnet werden kann. Warum ist das wichtig zu wissen? Ganz einfach: erst wenn der Gerichtskostenvorschuss durch die antragstellende Partei beglichen wird, wird der Antrag der Gegenseite zugestellt. Auch hier gilt der Grundsatz: ohne Geldeingang veranlasst das Gericht nichts! Damit kein falscher Eindruck entsteht: die Partei, die den Antrag stellt, zahlt den Gerichtskostenvorschuss. Dieser Betrag wird selbstverständlich am Ende mit dem noch offenen Betrag verrechnet.

Bereits bei Antragstellung kann der Rechtsbeistand einen angemessenen Vorschuss verlangen. Dies ist auch für die zu vertretende Partei von Vorteil, da nach Abschluss des Verfahrens eine geringere Rechnung erwartet wird.

Was passiert, wenn ich die Kosten meiner Scheidung nicht aufbringen kann?

Ist hingegen die Partei bedürftig, beziehungsweise nicht in der Lage, die Kosten des Verfahrens, also diese der Rechtsanwältin und die Gerichtskosten zu tragen, so beantragt die Rechtsanwältin für die Partei Verfahrenskostenhilfe. Im besten Fall wird in einem solchen Fall der Scheidungsantrag unter die Bedingung gestellt, das Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird. So ist man auf der sicheren Seite, dass bei einer Ablehnung von Verfahrenskostenhilfe kein Antrag in der Welt ist, der Kosten auslöst. Verfahrenskostenhilfebewilligung bedeutet nicht, dass das Gerichtsverfahren kostenlos ist. Es bedeutet viel mehr, dass die Kosten vorgeschossen werden. Abhängig davon, ob und in welcher Höhe Einkommen erzielt wird, wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe in Raten bewilligt. Meist ist es so, dass die Verfahrenskosten in monatliche Raten zurückzuzahlen sind. Die Höhe der festgelegten Raten hängt vom verfügbaren Einkommen ab. Aufgepasst: die Justizkasse darf innerhalb von vier Jahre regelmäßig überprüfen, ob sich etwas an den Einkommens- und/oder Vermögensverhältnissen der Partei geändert hat. Noch viel wichtiger zu wissen ist, dass ab einer Einkommensänderung in Höhe von 100,00 € monatlich die Partei verpflichtet ist, Änderungen mitzuteilen!

Ausgeräumt sollten an dieser Stelle auch diverse Mythen, dass eine Partei, die bedürftig ist, nicht geschieden werden kann. Das denke ich mir nicht aus, das wird oft von Mandant*innen vorgetragen. Sie haben von anderen Kollegi*innen erfahren, dass sie sich nicht scheiden lassen können, weil ihnen schlichtweg die finanziellen Mittel hierzu fehlen. Das stimmt nicht. Der Kollege oder Kollegin sagt dies aus folgendem Grund: die Verfahrenskostenhilfe hat zur Folge, dass der Rechtsbeistand weniger verdient. Das mag zwar unschön sein, hält aber nicht davon ab, sich scheiden zu lassen.

Ich habe eine Rechtsschutzversicherung – zahlt diese die Kosten meiner Scheidung?

Daneben wird mir nicht selten die Frage gestellt, ob die Rechtsschutzversicherung die Kosten für eine Ehescheidung trägt, was grundsätzlich zu verneinen ist. Es gibt Ausnahmen, sodass eine Nachfrage bei der Rechtschutzversicherung durch die Partei oder mich immer gestellt werden sollte.  

Zuletzt eine Information, die weitreichende Folgen haben kann: bei falschen Angaben in Bezug auf Einkommen oder Vermögen kann ein Prozessbetrug im Raum stehen. Dann kann aus dem Scheidungsverfahren schnell eine „rote Akte“ entstehen, also ein Fall der Staatsanwaltschaft weitergeleitet wird. Diese ermittelt sodann, ob die Partei einen Prozessbetrug begangen hat. Es ist also wichtig, sich an einige Regeln zu halten. Eine Regel bei der Scheidung lautet: stets bei der Wahrheit bleiben, was man verdient und ob man vermögend ist. Ein Strafverfahren wegen Prozessbetruges kann weitreichende Folgen für das weitere Leben haben. Schwer verständlich ist auch für viele Mandant*innen, aus welchem Grund das Vermögen in seiner richtigen Höhe angegeben werden muss. Es gilt der Grundsatz: wer viel hat, der muss auch viel zahlen. Und eins ist sicher:  nur derjenige zahlt viel, der auch viel hat. So ungerecht geht es also nicht zu.

Wir sind uns einig – wird die Scheidung nicht dadurch günstiger?

Der letzte Irrglaube, der auszuräumen ist: eine Scheidung wird nicht unbedingt günstiger, wenn sie einvernehmlich läuft. In einem solchen Fall benötigt die Gegenseite nicht zwingend einen Anwalt oder eine Anwältin und spart als Partei eigene Kosten für den Rechtsbeistand. Das obliegt der Gegenseite und führt nicht automatisch dazu, dass die Kosten geringer ausfallen. Es ist dann so, dass nur der Auftraggeber oder die Auftraggeberin Anwaltsgebühren zahlen muss. Seine/Ihre Anwaltsgebühren hat so oder so jeder allein zu tragen. Einen gemeinsamen Anwalt gibt es im Übrigen nicht, mehr dazu in meinem gesonderten Blogbeitrag.

Wie teuer wird denn nun meine Scheidung?

Die endgültige Kostenberechnung kann erst am Ende des Verfahrens, also am Schluss der mündlichen Verhandlung zur Scheidung erfolgen, also in dem Termin, in dem die Eheleute geschieden werden sollen. Das Gericht setzt den Verfahrenswert fest, da erst zu dem späten Zeitpunkt fest steht, welches Einkommen die Eheleute erzielen und wie der Versorgungsausgleich durchgeführt werden wird. Wenn bis dahin schon Vorschuss geleistet worden ist, ist dieser selbstverständlich in der Rechnung in Abzug zu bringen.

Ob also die Scheidung günstig oder teuer wird, hängt vom Verdienst und Vermögen der Parteien ab.